LANDURLAUB BRANDENBURG 2020
LANDURLAUB BRANDENBURG 15 SCHORFHEIDE Einst war die Schorfheide das Jagdgebiet für die Reichen und Mächtigen. Heute ist sie ein Sehnsuchtsort für Naturliebhaber, die Heimat vieler Tierarten und für manche auch: eine Laborküche. TEXT: LYDIA BRAKEBUSCH adimOtto Ursus, einer von Berlins derzeit spannendsten jungen Köchen, trägt den Bären („ursus“, lateinisch für „Bär“) zwar nur imNamen, aber sein Jagdgebiet sind der Wald und dieWiesen, die Felder und dieWegesränder. Der Bär hat Blumen gepflückt. Sein Küchentisch ist bedeckt von Calendulablüten in leuchtendemGelb. Daneben körbeweise grüne Tomaten, zwei Bottiche mit eingelegten Gurken. Zwei Freunde sind zu Besuch, um die Tomaten zu portionieren. Irgendwann, nach dem Fermentieren, wird daraus ein aromatisches Chutney – oderwas dem Bären bis dahin sonst noch so einfällt. ImOktober eröffnet VadimOtto Ursus sein mit Neugier erwartetes Restaurant Otto in Berlin-Prenzlauer Berg. Wer also die neueste Berliner Trendlocation sucht, der muss zuallererst in die Schorfheide fahren: Es geht durch Alleen und hügelige Landschaften, vorbei an einem See, einer Kuhherde. Am Ende einer langen Schotterstraße, hinter demÖrtchen Serwest, hat Vadim Otto Ursus einen alten DDR-Bungalow zur professionel- len Gastroküche umfunktioniert. Die Hütte ist jetzt von Stahlträgern durchzogen. „Da könnte man ein halbes Schwein ranhängen“, sagt Ursus und lacht. Hier draußen findet der 27-Jährige Entspannung und Inspiration. „Es ist ein angenehmer Ausgleich zur Stadt. Ich mag dieses Hügelige. Und rundherum sind nur Demeter-Bauern, ich kann ohne Sorge die Kräuter vomWegesrand pflücken. Die Schorfheide istwahnsinnig schön.“ DasWaldgebiet Schorfheide ist Teil des UNESCO- geschützten Biosphärenreservates Schorfheide-Chorin und erstreckt sich imNorden ungefähr bis zur Ucker- mark, bis zur A11 imOsten, bis zum Finowkanal im Süden und bis zur Havel imWesten. Eine eiszeitlich ge- prägte Landschaftvoll Wälder, Wiesen, Moore, Sümpfe und Seen, bevölkert vonverschiedensten Tierarten, vom Fischotter bis zum Kranich. Seit über 700 Jahren ist die Schorfheide ein beliebtes Jagdrevier und blieb deshalb weitgehend von Rodungenverschont. In den letzten zwei Jahrhunderten nutzten zahlreiche historische Persön- lichkeiten einzelner Epochen die Jagd in der Schorfheide zur Selbstbetätigung und -inszenierung. Bauliche Zeit- zeugen sind unter anderem das Jagdschloss Hubertus- stock und der dazugehörige Kaiserbahnhof Joachimsthal sowie der JagdsitzWildfang am Pinnowsee. Und auch noch heute besuchen Touristen die Schorfheide spezi- ell zur Jagd. Der Großteil der Besucher aber kommt in friedlicher Absicht: Die zahlreichen Seen, Fahrrad- und Wanderrouten locken Touristen und Berliner Tagesaus- flügler in das BrandenburgerWaldgebiet. Eine Laborküche inmitten von Wald und Wiesen VadimOtto Ursus kommt zum Arbeiten hierher. „Aber es fühlt sich nicht so an.“ Im alten Erdkeller neben dem Bungalow lagern die aktuellen Kreationen aus seiner Wald-und-Wiesen-Laborküche: Holunderblütenzucker, Sauerkirschlikör, eingelegte Mirabellen. Kiefernzapfen, die 12 Stunden in Sirup eingekochtwurden, schmecken wieweicheWaldpralinen: Die Schorfheide zergeht auf der Zunge. Seine Spezialität, das Fermentieren, hat der Koch sich selbst in der Ausbildung antrainiert. „Das ist beim Kochen noch mal eine Schicht mehr in dem, was man geschmacksmäßig machen kann“, sagt er. In großen Fässern und in einem umfunktioniertenwärmenden Kühlschrankwird fast alles fermentiert, was Region und Saison hergeben. Wildschweinfond, Zwetschgen, Info Die Gemeinde Schorfheide und der Naturpark Schorfheide- Chorin sind nicht identisch, haben aber viele Schnittmengen und gehören größtenteils zum Barnimer Land. V i u
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